Claudia Eder, Geschäftsführerin ASFINAG Maut Service GmbH, im Porträt.

NEW BUSINESS - NR. 5, MAI 2024
»Ich brauche die Bewegung im Gemüt und im Kopf. Das sorgt für mich selbst, aber auch für alle in meinem Umfeld für Entwicklung – und das ist das Wesentlichste.« © Miriam Mehlman Fotografie

Mut zur Entscheidung: Klare Kommunikation. Aber ohne Dinge zu „zerreden“. Dafür steht Claudia Eder, Geschäftsführerin der ASFINAG MSG.

Wie kommt es, dass Claudia Eder, 1981 in der ehemaligen DDR geboren und im Großraum Leipzig-Halle aufgewachsen, heute in der Geschäftsführung der österreichischen ASFINAG Maut Service GmbH (MSG) sitzt? Dass aus einer jungen Konzertflötistin, die am deutschen Bundesausscheid von „Jugend musiziert“ teilgenommen und sich ursprünglich in Richtung Gastro und Tourismus orientiert hat, eine Unternehmenslenkerin im Infrastrukturbereich geworden ist? Ist es eine Frage der ­Lebenseinstellung? Vielleicht – zum Teil.

„Ich habe keine Angst. Es sind so viele Dinge erlernbar. Ich kann mich immer entscheiden“, sagt sie über sich selbst und fügt hinzu: „Ich habe das Glück, frei zu sein und ein stabiles privates Umfeld zu haben, in dem ich mich sehr wohl fühle.“ Den Wert dieser Freiheit hat ihr sicher auch eines der einschneidendsten Ereignisse der vergangenen vierzig Jahre vor Augen geführt: der Mauerfall im Jahr 1989, den sie miterlebt hat. „Das war ein Wendepunkt in meinem Leben, nur war mir das damals nicht richtig bewusst. Von da an war alles möglich, wenn ich will.“

Und was Claudia Eder wollte, das tat sie – auch wenn der Zufall ebenfalls ein Wörtchen mitzureden hatte. Ihre Eltern waren im Getränkehandel tätig und konnten sich der tatkräftigen Unterstützung ihrer Tochter erfreuen. Zu dieser Zeit wollte sie eine Lehre in der Gastronomie machen und Tourismuswirtschaft studieren. Über einen Geschäftspartner wurde der Kontakt zu einem Hotel in Großarl hergestellt. In kürzester Zeit fiel die Entscheidung zum Umzug nach Salzburg, wo sie ihre Doppellehrausbildung zur Restaurantfachfrau und Köchin in nur zwei Jahren abschloss.

„Danach ging es aber nicht wie vorgesehen auf eine Tourismusfachhochschule, sondern an die Johannes-Kepler-Universität in Linz. Nebenbei habe ich immer in Teilzeit gearbeitet.“ 2002 startete sie ihr Studium der Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Personalwirtschaft, internationales Management, Industrieökonomie, Marketing und strategisches Management. Der Personalbereich und seine Verschränkung mit allen Teilen der Unternehmensstrategie stehen für Sie bis heute im Fokus.

Sprung über den Globus und zurück
2004 stieg Claudia Eder in Linz, neben der Uni, in das Leadership-Trainee-Programm der Thalia Buch & Medien GmbH ein, bevor sie nach dem Studium 2007 zu einem großen Sprung quer über den Globus ansetzte und als „Project Assistant Human Resources“ nach Singapur zu – damals noch – Daimler­Chrysler wechselte. „Das war genau das Jahr, in welchem die Daimler-Chrysler-Trennung stattfand – für mich im HR-Bereich äußerst spannend. Vor allem hinsichtlich der interkulturellen Zusammenarbeit und der Zeitunterschiede.“

Nach dieser lehrreichen Zeit zog es sie aber wieder zurück nach Österreich. Gemeinsam mit ihrem Mann, der gebürtiger Linzer ist, wurde eine Entscheidung gefällt, die Koffer wurden gepackt und der Umzug nach Wien organisiert. In der Bundeshauptstadt ereilte sie dann der Ruf der ÖBB, wo sie bis 2018 rund neun Jahre lang in unterschiedlichen Führungsrollen mit HR-Fokus tätig war. 

Wie sagte Claudia Eder eingangs? „Ich kann mich immer entscheiden.“ Während ihrer zweiten Karenz bei den ÖBB, es war 2018, tat sie das und startete eine große Veränderung. „Ich wollte schon immer den Global Executive MBA an der WU Executive Academy machen und habe das dann in Angriff genommen.“ Sie unternahm Studienreisen nach Argentinien, Brasilien, China, Indien und in die USA und gründete, mit vielen Erfahrungen auf internationalem Terrain im Gepäck, ein Beratungsunternehmen. 

Die Geschichte geht weiter
Sie stand erfolgreich auf eigenen Beinen und hier könnte unsere Geschichte auch schon zu Ende sein. Das ist sie aber nicht. Im Jahr 2021 war die ASFINAG MSG auf der Suche nach jemandem für die Geschäftsführung. Eine Freundin machte Claudia Eder auf die Ausschreibung aufmerksam, sie bewarb sich und schlug damit das nächste Kapitel auf.

Dieser Schritt war goldrichtig. Denn hier kann sie ihre gesammelten Kenntnisse und Stärken optimal einbringen: „Ich bin verantwortlich für die Bereiche Mauteinhebung, Vertrieb, Enforcement, das gesamte Kundenmanagement – Callcenter 24/7, Beschwerdemanagement, Marktforschung, Kommunikation, Training & Services, Behördenmanagement –, HR und Controlling.“ 

Von der Vielfältigkeit in ihrem Job ist und bleibt Claudia Eder fasziniert. „Es ist ein Tätigkeitsfeld, welches es so in Österreich kein zweites Mal gibt. Wir bringen durch die Mauteinnahmen einen Mehrwert für die Gesellschaft: sei es in der Individualmobilität, im Frachtverkehr oder dem Tourismus – wir erhalten die kritische Infrastruktur des Landes, und das ist ein großartiger Auftrag“, sagt sie und fügt hinzu: „Herausfordernd ist es ­natürlich für uns als Autobahn- und Schnellstraßenbetreiberin, sich im ­Sinne der Nachhaltigkeitsvorgaben weiterzuentwickeln und unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Um diesen Perspektivenwechsel zu verinnerlichen, benötige ich den Mut unserer Mitar­beiter:innen, Dinge offen anzusprechen und hier ein dementsprechendes Umfeld zu schaffen. Letzteres sehe ich als meine Aufgabe.“

Sie lobt ihr Team in den höchsten Tönen und vertraut auf dessen geballte Expertise. Wichtig ist ihr dabei klare Kommunikation, verbunden mit einer gewissen „Hands-on-Mentalität“. Denn gerade, wenn es um neue Wege geht, kann es vorkommen, dass etwas auch „zerredet“ wird. „Manchmal müssen wir uns einfach mal trauen, etwas auszuprobieren und zu lernen: Nicht nur quatschen, sondern tun“, sagt sie. Das gilt auch, wenn es notwendig ist, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. „Wichtig ist es hierbei weiterhin zu kommunizieren und sich nicht zu verstecken. Die Nachvollziehbarkeit nimmt dann auch oft die Schwere des Themas. Das gilt im Übrigen nicht nur für Mitar­beiter:innen, sondern auch für die Anliegen unserer Kundinnen und Kunden“, hält sie fest.

Wohin wird die Straße des Lebens Claudia Eder noch führen? Sie ist überzeugt: „In eine spannende Zukunft. Ich kann nicht stehenbleiben. Ich brauche die Bewegung im Gemüt und im Kopf. Das sorgt für mich selbst, aber auch für alle in meinem Umfeld für Entwicklung – und das ist das Wesentlichste.“ Wir wünschen ihr auf jeden Fall weiterhin eine erfolgreiche Reise! (RNF)


12 FRAGEN AN CLAUDIA EDER

Was wollten Sie als Kind werden?

16 Jahre. Ich habe mir dieses Alter immer großartig vorgestellt und es wurde rückblickend dann auch eines meiner schönsten Lebensjahre.

Was bedeutet Glück für Sie?
Eine gesunde Familie, mit meinem Mann Augenblicke zu genießen und Freiheit.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Net Positive: How Courageous Companies Thrive by Giving More Than They Take“ von Paul Polman und Andrew Winston.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Menschen, denen ein bestimmtes gesellschaftliches Anliegen oder Menschen in Not so wichtig sind, dass sie ihr eigenes Leben dem unterordnen.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
„A bend in the road is not the end of the road ... Unless you fail to make the turn.“ (Zitat von Helen Keller, blinde und gehörlose US-amerikanische Schriftstellerin)

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Ich habe lange überlegt, mir fällt niemand ein.

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Immer wieder aufzustehen.

Was ist das Ungewöhnlichste, das Sie je getan haben?
Ein Interview mit Hans Zimmer (Filmkomponist, Musikproduzent) in Gent geführt und danach Lisa Gerrard (Musikerin, Komponistin, Sängerin) zugehört zu haben, wie sie für mich nach einer Verletzung gesungen hat.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Über meinen Geburtstagsfrühstücksteller, rundherum garniert mit sauren Apfelringen.

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten?
Ich habe hier keine offenen Wünsche.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Irgendetwas gibt es immer zu tun. 

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und ­warum?
Ich möchte lieber Mensch sein.


ZUR PERSON
Von der Schiene zur Straße
Mag.a Claudia Eder, MBA, wurde 2021 in die Geschäftsführung der ASFINAG Maut Service GmbH (MSG) berufen. Davor war sie zuletzt selbstständig als Unternehmensberaterin in Transformations- und Digitalisierungsprojekten im öffentlichen und privaten Sektor tätig. Ihre berufliche Laufbahn im Verkehrsbereich startete sie 2007 bei Daimler in Singapur, bevor sie 2008 zu den ÖBB nach Wien ging. Dort war sie in mehreren Führungsfunktionen in verschiedenen Gesellschaften tätig, übernahm 2014 die Geschäftsführung der ÖBB-Business Competence Center GmbH und verantwortete die Bereiche Einkauf, Facility Management, Konzernsicherheit, Service und Soziales sowie Human Resources. Claudia Eder studierte Wirtschaftswissenschaften in Linz und absolvierte 2019 ihren Master of Business Administration (Global Executive MBA) an der WU Wien sowie Carlson School of Management (University of Minnesota).