Innovation, nützlich für alle

NEW BUSINESS Innovations - NR.10, OKTOBER 2022
Paul Haberfellner (li.), Managing Director von Nagarro Österreich, und Mario Berger (re.), Country Manager von Google Cloud, bei der Preisverleihung der Innovation Challenge 2022 © Nagarro/Christian Dusek

Die 2022 zum ersten Mal durchgeführte Innovation Challenge von Google Cloud und Nagarro war für alle Beteiligten ein voller Erfolg. Was läge näher, als sie fortzuführen?

... Wir haben mit den Initiatoren über die (Hinter)Gründe gesprochen.

Mit ihrer Innovation Challenge haben Google Cloud und Nagarro dieses Jahr erstmalig österreichweit nach den innovativsten Ideen für neue Businessmodelle, Produkte und digitale Services, basierend auf modernen Softwarelösungen, gesucht – und sie auch gefunden. Die Initiative war ein voller Erfolg, sowohl für die Veranstalter wie auch für die Teilnehmer, und ihre Fortsetzung ist daher bereits in trockenen Tüchern.

NEW BUSINESS hat sich mit Paul Haberfellner, Managing Director und Co-Founder von Nagarro Österreich, sowie Mario Berger, Country Manager von Google Cloud, unterhalten, den treibenden Kräften hinter einer Idee, die gekommen ist, um weitere Ideen zu beflügeln. 

Herr Haberfellner, was ist die Innovation Challenge?
Paul Haberfellner: Die Innovation Challenge ist ein Aufruf zur Innovation, den Nagarro gemeinsam mit Google Cloud an die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer richtet. Mario (Berger) und meine Wenigkeit haben in einem Gespräch festgestellt, dass Innovation am meisten gefordert wird, aber auch einiges an Investment bedarf. Und zwar nicht nur monetäre Investments, sondern auch an Personal, Zeit, und so weiter. Deswegen wird Innovation oft vernachlässigt.

Wir haben überlegt, wie wir Unternehmerinnen und Unternehmern helfen können, einen Use Case zu verproben und zu prüfen, ob eine Idee überhaupt „lebensfähig“ ist. Unser Hauptaugenmerk haben wir darauf gelegt, ob die Projekte innovativ, umsetzbar und nutzenstiftend sind. Daraus wurde die Innovation Challenge geboren.

Mario Berger: Wir sehen oft, dass die Plattform fehlt, um solche Dinge voranzutreiben. Es gibt in den österreichischen Unternehmen extrem viele Ideen, aber es fehlen oftmals die Zeit und auch die Möglichkeit, sie auszuprobieren und umzusetzen. Der Kern der Innovation Challenge ist es, einen Proof of Concept zu testen beziehungsweise die Umsetzung einer Idee zu erleichtern, sie voranzutreiben und vielleicht sogar neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Nagarro und Google Cloud haben beide viel Know-how. Wir wollen nicht nur Funding einbringen, sondern auch unser Wissen.
 

Der „Funke der Innovation“ ist in Österreich also vorhanden, aber es fehlt der Katalysator, der ihn überspringen lässt?
Haberfellner: Es fehlen oft drei Komponenten: die eine ist Geld, um eine Idee zu verproben, die andere Know-how, und die dritte ist, dass teilweise das Wissen über die Technologie fehlt. Technologie ist ein integraler Bestandteil der Innovation. Das hat man auch an den Finalisten der Innovation Challenge gesehen.

Bei allen war eine AI-Komponente mit an Bord. Sie dachten, mit Artificial Intelligence können sie ihre Herausforderung lösen. Aber wie sie AI einsetzen, welche Möglichkeiten sie haben und auf welche Services, die es vielleicht schon gibt, sie zurückgreifen können, darüber waren sich nicht alle durchgängig im Klaren. Das ist genau die Expertise, die Google Cloud und Nagarro einbringen. Genau hier können wir unterstützen. 

Meinem Eindruck nach waren die Projekte der diesjährigen Finalisten bereits sehr ausgereift. Müssen alle Ideen, die bei der Innovation Challenge antreten, schon so weit sein?
Berger: Überhaupt nicht! Je früher wir beginnen, miteinander zu sprechen, desto besser. Wir sind in der Vorstellungsrunde, als uns die Ideen präsentiert wurden, schon sehr früh in die Diskussion gegangen, haben auch Dinge hinterfragt und Vorschläge geliefert.

Haberfellner: Eine schöne Erkenntnis war, dass es bei der Präsentation vor der Jury nicht nur um Technologie ging. Auch das Geschäftsmodell wurde von allen Seiten betrachtet, Sales- und Marketing-Inputs wurden gegeben und sogar die operative Ebene wurde von der Jury durchleuchtet. Wir haben gleich den ganzen Business Case gechallenged – nicht nur die Technologie.

Der Reifegrad der Einreichungen hätte nicht unterschiedlicher sein können. Von solchen, die nur aus der puren Idee bestanden, bis hin zu solchen, die schon unheimlich weit waren und viel Geld investiert haben. Nichtsdestotrotz sind auch sie auf der technischen Ebene angestanden und konnten nicht mehr skalieren.

Da konnten wir Ideen liefern und ihnen ein paar Stellschrauben zeigen, um den Output und die Qualität zu erhöhen. Aber genau das macht es auch aus. Wenn schon alles fixfertig ist und man das Framing der Innovation Challenge so stark einengt, dass nur noch bestimmte Unternehmen teilnehmen können, hebelt man die Idee dahinter aus. Uns war es wichtig, diese Diversität zu erlauben. 

Heißt das umgekehrt, dass sich die Teilnahme auszahlt, egal ob man gewinnt oder nicht? Denn schon beim Pitch macht die Jury Vorschläge, die die Umsetzung realistischer machen.
Berger: Absolut. Wir versuchen, uns einzubringen, und haben den Teams, die nicht gewonnen haben – Sieger sind sie alle, weil die Ideen grandios waren –, gerne angeboten, sie zu unterstützen und weiter mit ihnen zu diskutieren. Die Ideen waren zum Teil technisch sehr weit. Was manchmal gefehlt hat, war der Business Value.

Ist es wirklich immer noch so, dass manchmal Digitalisierung um ihrer selbst willen vorangetrieben wird, ohne sich vorher über den Nutzen für das Unternehmen im Klaren zu sein?
Berger: Ich glaube, das war früher oft so. Paul nickt zwar … (lacht)

Haberfellner: Da teile ich deine Meinung nicht ganz, nicht vollumfänglich. Das kommt ab und an immer noch genau so vor. Gerade gibt es einen Hype, alles zu digitalisieren. Aber Digitalisierung hat einen unheimlichen Impact auf eine Organisation. Das wird oft nicht gesehen oder absichtlich beiseitegeschoben. Damit komme ich wieder zur Innovation Challenge zurück.

Wir unterstützen die Innovations­teams dabei, ihre Idee zu vermarkten – auch im eigenen Unternehmen. Sicher 50 Prozent der Finalisten haben sich nachträglich bedankt, weil wir ihnen dabei geholfen haben, auch auf der Geschäftsführerebene sichtbar zu machen, was sie tun. Aber auch extern. Man wird sichtbarer.

Das ist auf der individuellen Ebene interessant, aber vor allem aus unternehmerischer Sicht. Mit Namen wie Nagarro und Google im Hintergrund, die diese Ideen in einem Jury­verfahren anerkennen, bekommen die Projekte und die Unternehmen dahinter noch mehr Gewicht.

Berger: Ich stimme dir zu, Paul, dass man in den letzten Jahren sehr große Fortschritte gesehen hat, auch was das Know-how über AI und Machine Learning betrifft – wo es Sinn macht, diese Technologien einzusetzen, und wo eben nicht. Wir haben in Österreich schon mit einigen Unternehmen spannende Projekte umgesetzt.

Uns ist dabei wichtig, zu hinterfragen, was etwas – selbst, wenn es technisch lösbar ist – am Ende bringt. Was nutzt es im Tagesgeschäft, diese Dinge umzusetzen? Technische Lösungen zu bauen, die keinen Mehrwert bringen, macht keinen Sinn.

Haberfellner: Die Innovation Challenge ist ein Sprungbrett. Wir bringen unsere Erfahrung aus unzähligen Projekten ein. Das macht es für die Kandidaten unheimlich interessant, teilzunehmen. Das sieht man auf den ersten Blick gar nicht. Augenscheinlich präsentiert man einer Jury eine ­innovative Idee und stellt sich einem Wettbewerb. Aber de facto ist das Sparring mit der Jury der essenzielle Teil.

An dem Tag, als uns die Ideen präsentiert wurden, haben wir jede einzelne Einreichung auf die augenscheinlichen Themen, wie Nutzbarkeit, Innovation, Umsetzungsfähigkeit, geprüft, aber vor allem den Business Case durchleuchtet. Fast schon wie Business Angels. Denn mit unseren Erfahrungen mit vielen anderen Projekten, lokal wie international, können wir stark bereichern. Die Teilnehmer waren begeistert.

Welche Motivation hat Google Cloud, gemeinsam mit Nagarro die Innovation Challenge durchzuführen?
Berger: Google Cloud ist ein Technologieanbieter, aber wir versuchen, einen Schritt weiter zu gehen. Wir wollen nicht nur als Technologieanbieter gesehen werden, sondern wollen in einer Partnerschaft die Dinge vorantreiben. Das ist der Hintergrund. Natürlich geht es in unseren Partnerschaften um Technologie, um Dinge wie Cloud oder Machine Learning, aber es geht eben auch sehr viel um Innovationskultur. Wie man damit umgeht und wie man über die Technologie hinausdenkt.

Das ist der „Google Spirit“, den wir gerne einbringen möchten – unsere Erfahrungen und unser Know-how. Was bitte nicht heißt, dass wir die Weisheit mit Löffeln gefressen haben! Aber natürlich machen wir als Google Cloud die Dinge vielleicht ein bisschen anders und haben viel Erfahrung darin, wie man diese Technologien einsetzen kann.

Haberfellner: Wir sind natürlich nicht nur philanthropisch angehaucht. Es geht schon auch ums Geschäft. Wenn wir unsere Kunden dabei unterstützen, erfolgreich zu sein, sind wir damit automatisch auch selbst erfolgreich. Es geht dabei aber nicht nur um die monetäre Abgeltung, sondern auch um Spaß an der Arbeit und intrinsische Motivationen. Gerade in unserer Branche können wir die Dinge meistens nicht angreifen. Hier haben wir definitiv das Gefühl, an etwas Gutem zu arbeiten und jemandem zu helfen. Das ist der Ansatz.

Wie ergänzen sich Nagarro und Google Cloud? Wie greifen die Rädchen ineinander, um Unternehmen zu unterstützen?
Haberfellner: Wir sind beide Technologieanbieter, die Spaß an der Technologie haben, sehr gerne damit arbeiten und experimentieren. Wir beschäftigen uns sehr viel damit, wie wir das Maximum herausholen können. Das haben wir gemeinsam.

Was wir noch gemein haben, ist, dass sowohl Google als auch Nagarro globale Unternehmen sind, die Erfahrungen global sammeln, aber auch immer versuchen, „on the ground“, also immer dort, wo sie gerade schaffen und wirken, diese Erfahrungswerte weiterzugeben, anzureichern und wiederum anderen zur Verfügung zu stellen.

Gemeinsam sind wir stark, gemeinsam können wir viel mehr bewegen als alleine, und wer wachsen will, muss teilen können. Natürlich hat das auch mit den Menschen zu tun, die dahinterstehen. Bei uns funktioniert das sehr gut. Obwohl Mario Salzburger ist. (lacht)

Berger: (lacht) Das macht die Dinge natürlich schwieriger, das ist mir klar. Die Teams greifen ineinander und man merkt, wie sich das gegenseitig in die verschiedenen Bereiche hinein befruchtet. Genauso ist das mit den Kunden und den Unternehmen, die für die Innovation Challenge eingereicht haben. Wenn man erst einmal die Gemeinsamkeiten sieht und verstanden hat, wie man mit dem Gegenüber zusammenarbeitet, beschleunigt das unheimlich.

Wir merken auch in der Zusammenarbeit mit Nagarro sehr stark, wie schnell wir von den ersten kleineren Projekten hin zu einer gemeinsamen – unter Anführungszeichen – Marktbearbeitung gegangen sind und Möglichkeiten, neue Ideen gefunden haben. Neben all den technischen Gemeinsamkeiten sind wir zwei Engineering-Unternehmen, die sehr gut miteinander können.

Haberfellner: Es ist eine gegenseitige Bereicherung. Vielleicht ist das sehr weit hergeholt, aber eigentlich ist die Innovation Challenge per se schon ein PoC gewesen. Wir wussten nicht, ob Innovationen eingereicht werden, ob sie ankommt und ob das aufgegriffen wird. Die Innovation Challenge ist nicht nur am österreichischen Markt sehr gut angekommen, sondern Mario und ich sprechen auch permanent mit internationalen Kollegen darüber, die das auch machen wollen.

Berger: Ich war kürzlich in der Schweiz und in Deutschland und habe meinen Kollegen davon erzählt. Sie fanden das sehr spannend und es gibt bereits erste internationale Ableger. Auch das ist schlussendlich wieder Innovation aus Österreich, die wir in andere Länder bringen.

Zeigt das nicht auch, dass Österreich gar nicht so weit hinter anderen Ländern liegt, wie manchmal gesagt wird? Denn der Bedarf nach Unterstützung in Sachen Innovation ist ja dann offensichtlich auch andernorts gegeben.
Berger: Definitiv. Ich glaube, wir müssen über das Gute, das wir tun, auch sprechen und es nach außen tragen. Es sind so viele Ideen da. Das ist auch der Grund, warum wir das so gerne machen und versuchen, es voranzutreiben. Die Ideen sind da, wir müssen sie nur umsetzen und die Möglichkeiten schaffen, sie zu testen und vielleicht auch einmal damit zu scheitern.

Haberfellner: Um daraus zu lernen. Ich bin unheimlich stolz auf Österreich. Wir sind im internationalen Vergleich ein kleines Land, aber hammermäßig kreativ. Die Innovation Challenge ist das beste Beispiel dafür. Es gibt große Länder mit vielen Leuten in Marketingabteilungen, die permanent überlegen, wie sie die Welt neu erfinden können. Aber diese kleine und trotzdem zündende Idee wurde in Österreich geboren. Das finde ich toll.
 
Diese „kleine“ Idee aus Österreich wird ja fortgeführt. Wie geht es mit der Innovation Challenge powered by Nagarro and Google Cloud nächstes Jahr weiter?
Berger: Wir haben schon bei der Prämierung der ersten ­Gewinner gesagt, dass wir weitermachen müssen. Es schreit nach einer Wiederholung. Angekündigt ist es bereits, die ersten Ideen sind schon eingereicht worden. Wir planen für November eine Bundesländer-Roadshow.

Damit hoffen wir, weitere Unternehmen für dieses Format begeistern zu können. Wir hatten schon beim ersten Mal viele Teilnehmer aus den Bundesländern, aber wir würden das gerne noch ein bisschen breiter machen. Ich bin mir sicher, dass wir uns noch die eine oder andere Überraschung einfallen lassen werden.

Haberfellner: Mit der finanziellen Ausgestaltung sind wir durch und haben das Budget auch ein Stück weit angehoben. Es steht und fällt am Ende mit den Einreichungen. Wir sind Feuer und Flamme und gewillt, Vollgas zu geben. Wir werden uns mit allen Ideen inhaltlich auseinandersetzen, um bestmöglich zu unterstützen. Als kleiner Spoiler: Ja, die Innovation Challenge wird 2023 wieder in Österreich stattfinden. Aber darüber hinaus gibt es bereits Ideen und Pläne, die noch nicht fixiert wurden.

Es wurde schon über eine DACH-Challenge gesprochen, eine Europa-Challenge. Unser Traum ist natürlich irgendwann eine globale Challenge. Das wäre der Hammer. Vielleicht würde man dann auch das Format eine Spur ändern und unter ein bestimmtes Thema stellen, zum Beispiel Sustain­ability. Ich glaube, wir sind auf einem extrem guten Weg. Innovation, die umsetzbar und nützlich für uns alle ist – darum geht es. (RNF)


INFO-BOX
Innovation Challenge 2023
Die Innovation Challenge powered by Google Cloud and ­Nagarro geht 2023 in ihre zweite Runde. Jedes Unternehmen in Österreich ab 200 Mitarbeiter:innen ist teilnahmeberechtigt. Werden Sie als Sieger prämiert, wird Ihr Use Case von Google Cloud und Nagarro noch im Jahr 2023 als PoC, unter Verwendung der Google Cloud Plattform (GCP), umgesetzt. 
go.nagarro.com/innovationchallenge2023