Die Taiwanstraße könnte im Kriegsfall für den Handel blockiert werden © APA - Austria Presse Agentur

Eine mögliche militärische Zuspitzung des schwelenden Konflikts zwischen China und Taiwan könnte auch zu Einschnitten im globalen Handel führen. Beeinträchtigt wären vor allem die Schifffahrt bzw. die stark frequentierten Schifffahrtsrouten in der Region, so Sebastian Kummer, Transportwirtschaftsexperte an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) gegenüber der APA. Als "wahrscheinlichstes Szenario" sieht er eine Blockade der wichtigen Taiwanstraße zwischen China und der Insel.

Durch die Taiwanstraße, auf der seitens China zuletzt Militärmanöver abgehalten wurden, fährt fast die Hälfte aller Containerschiffe weltweit, wie zuletzt eine Analyse der Finanznachrichtenagentur Bloomberg für die ersten sieben Monate des Jahres ergab. Im Ernstfall wären die Containerschiffe dazu gezwungen, das Konfliktgebiet zu umfahren, vermutet Kummer. Inwieweit die Schifffahrt aber eine militärische Auseinandersetzung zu spüren bekommen würde, hänge auch stark von der Reaktion des Westens und der Ausgestaltung verschiedener Szenarien ab.

Er erwarte nämlich nicht, dass China im Kriegsfall von sich aus die Transportrouten am Meer sperrt und den Handel einschränkt. "Ich glaube, dass die Chinesen versuchen werden, die Häfen aufrechtzuerhalten", sagte Kummer. Sollte es aber zu Einschränkungen der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und dem Westen kommen, hätte das nach Kummers Einschätzung "riesige Verwerfungen" für die Schifffahrt zur Folge.

Der Handel mit Europa laufe insbesondere über westlich gelegene Seerouten. Auf der Tracking-Seite "marinetraffic.com" ist vor allem eine starke maritime Aktivität durch das südchinesische Meer zu beobachten, in das eine östliche Umfahrung der Taiwanstraße münden könnte. Zum Ausweichen gezwungen wären etwa Handelsschiffe ausgehend von Shanghai, das nördlich von Taiwan liegt.

Der Gütertransport in Richtung der USA wiederum erfolgt allen voran über den Nordpazifik. Im Fall einer militärischen Involvierung der Vereinigten Staaten wäre diese Route höchstwahrscheinlich unterbrochen. Aber auch ohne eine Konfliktbeteiligung der USA dürfte es Einschränkungen geben, etwa für den Schiffsverkehr über Hongkong südwestlich des Inselstaats. Ziemlich sicher müssten "Sicherheitsbögen" gefahren fahren, so der Experte.

Viel hänge auch davon ab, wie Reedereien und Versicherungen auf eine Eskalation reagieren würden. Fraglich ist für Kummer etwa, ob die Schiffsleute dazu bereit wären, die Gewässer um die Konfliktzone zu befahren. Außerdem sei es nicht unüblich, dass Versicherungen in Katastrophenfällen Sperrzonen einrichten. Das sei auch im Ukraine-Krieg bei der Situation um die Getreideexporte ein großes Thema.