Biden nominierte Powell am Montag für eine zweite Amtszeit. © APA - Austria Presse Agentur

Die Hängepartie um die Spitzenpersonalie bei der US-Notenbank Fed hat ein Ende: Fed-Chef Jerome Powell kann weitere vier Jahre im Amt bleiben. US-Präsident Joe Biden nominierte ihn am Montag für eine zweite Amtszeit. Powell habe es in der Corona-Pandemie verstanden, die von Panik ergriffenen Finanzmärkte zu beruhigen, begründete Biden seine Entscheidung. Jetzt seien die USA beim Wirtschaftswachstum wieder weltweit führend.

"In diesem Moment des enormen Potenzials, aber auch der enormen Unsicherheit für unsere Wirtschaft brauchen wir Stabilität und Unabhängigkeit bei der Notenbank." Das Präsidialamt erklärte, der 68-jährige Powell habe "eine beständige Führung in einer beispiellos herausfordernden Phase gezeigt." Die auch als Anwärterin auf den Chefsessel gehandelte Direktorin Lael Brainard soll einen Fed-Vizeposten erhalten.

Biden hatte die Öffentlichkeit und Märkte lange Zeit im Unklaren darüber gelassen, wie er sich entscheiden würde. Powells erste Amtszeit läuft im Februar 2022 aus. Nach der Nominierung legten die Kurse an den US-Börsen deutlich zu. Der Dollar legte nach Bekanntwerden der Personalie zum Euro zu.

In kurzen Stellungnahmen nach der Nominierung rückten sowohl Powell als auch die 59-jährige Brainard die derzeitige Inflationsproblematik in den Fokus. "Wir wissen, dass eine hohe Inflation Familien belastet, besonders diejenigen, die weniger in der Lage sind, die höheren Kosten für Wesentliches wie Lebensmittel, Unterkunft und Fortbewegung zu stemmen", sagte Powell. "Wir werden unsere Instrumente nutzen, um sowohl die Wirtschaft - einen starken Arbeitsmarkt - zu unterstützen als auch zu verhindern, dass sich eine höhere Inflation festsetzt." Brainard betonte, sie werde den Fokus auf die arbeitende Bevölkerung legen. Das bedeute, dass die Inflation gesenkt werden müsse.

Die Äußerungen dürften als Signal aufgefasst werden, dass fortan die oberste Priorität der Fed sein dürfte, den rasanten Preisauftrieb unter Kontrolle zu bringen. Die Inflation ist so hoch wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. An den Märkten wird damit gerechnet, dass unter der Führung Powells im Juni 2022 die Zinswende eingeleitet wird. Dann könnte der geldpolitische Schlüsselsatz um einen Viertel Prozentpunkt angehoben werden. Derzeit wird er in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent gehalten.

Erst vor kurzem hatte die Fed die Abkehr vom Krisenmodus eingeleitet: Die milliardenschweren Konjunkturhilfen werden allmählich abgeschmolzen. "Powell hat nun die schwierige Aufgabe, den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik vorzubereiten, ohne der Wirtschaft zu schaden und die Finanzmärkte zu beunruhigen", erklärte DIW-Präsident Marcel Fratzscher.

"Kontinuität bleibt an der Fed-Spitze gewahrt. Das ist gut so", kommentierte Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe die Personalie. Powell, der auch unter Republikanern viele Unterstützer hat, muss vom US-Senat bestätigt werden. Dort dürfte er nicht auf Gegenwind stoßen. Allerdings wird er in Teilen der demokratischen Partei kritisch gesehen: Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts warf ihm vor, die Regulierung des Finanzsektors zurückgedreht zu haben, was ihn zu einem "gefährlichen Mann" mache.

Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner verwies darauf, dass Direktorin Brainard nun auf den Posten von Fed-Vize Richard Clarida aufrücken dürfte, dessen Amtszeit als Direktor am 31. Jänner 2022 abläuft: "Brainard war die Favoritin des linken Parteiflügels der Demokraten, da sie eine härtere Linie in Sachen Finanzmarktregulierung verfolgt als Powell - und Mitglied der Demokratischen Partei ist." Sie wäre dann in vier Jahren die "natürliche" Nachfolgerin Powells auf den Chefposten, wenn die Demokraten dann noch das Präsidentenamt innehaben, so seine Prognose.